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Froststarre

Er verhielt an der Waldecke. Seiner Brauner schnaubte Dampfwolken wie ein kleiner Drache. Auch das Fell dampfte in der schneidend kalten Luft. Zu lange sollte er das erhitzte Pferd nicht ohne Bewegung im scharfen Wind stehen lassen, dachte er. Er zog den dicken Mantel enger um seine Schultern und warf einen kontrollierenden Blick nach hinten. Das Kleidungsstück lag noch immer über der Kruppe ausgebreitet.

Leise knirschte der Schnee unter den unruhigen Tritten des Pferdes. Mit hoch erhobenem Kopf, aufgewölbtem Hals und geblähten Nüstern witterte es zum Dorf hinüber. Dieses lag trotz der späten Morgenstunde noch in tiefer Stille. Kaum ein Geräusch drang zu ihm herüber.

Obwohl die Sonne von einem wolkenlosen, stahlblauen Himmel strahlte, lagen Wald und Feld in eisiger Kälte. Das Leben rundum schien erstarrt. Aber das war üblich im Februar. Und es täuschte.

Da, wo die Sonnenstrahlen auf seine schwarz behandschuhten Hände trafen, entwickelten sie eine deutlich fühlbare Wärme. Ein untrügliches Zeichen für den nahenden Frühling. Er meinte zu spüren, wie sich unter dem Schnee das neue Leben regte, der Saft in die Bäume zu steigen begann.

Plötzlich trommelte irgendwo nahe über ihm ein Specht. Kaum waren die Töne verklungen, antwortete ein anderer Specht aus dem Hain überm Feld. Einander abwechselnd, echoten sie das energische Klopfen seines Herzens. Zum ersten Mal seit langem klopfte es vor Glück. Wie oft hatte es in höchster Not und Angst gepocht!

Es schien ihm ein Omen zu sein, ein gutes, dass ihn gerade die Spechte begrüßten. Es erinnerte ihn an den letzten Winter und einen Kameraden, der ihn damals auf das Klopfen der Spechte dort aufmerksam gemacht hatte. „Sie fordern dich auf, deinem Herzen zu folgen“, hatte der ihm damals mit einem feinen Lächeln gesagt. Es waren keine Spechte nötig gewesen, um ihm zu sagen, was er tun sollte, als er aufgebrochen war. Aber er würde ihre Mahnung wichtig nehmen. Von nun an würde er immer, wenn er einen Specht hörte, überprüfen, ob er gerade das Richtige tat.

Diesmal war es richtig. Er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Der lange Ritt nach Hause hatte sich gelohnt.

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