Nichts macht (mich) reiselustiger als ein Bild mit einem Sonnenuntergang. Da muss noch nicht mal ein Motorrad mit drauf sein. Die Sehnsucht ist trotzdem da. Zu lebhaft ist die Vorstellung, auf einer Fähre unbekannten Gestaden, fremden Ländern und neuen Abenteuern entgegenzuschippern. Oder an einem Strand einen erlebnisreichen Tag ausklingen zu lassen, vom sanften Wechsel der Tageszeiten zur Ruhe geleitet.
Ich habe sogar ein Sehnsuchtsland. Mein persönliches Sehnsuchtsland, nur komme ich da irgendwie nicht hin. Während gefühlt alle Welt alle Jahre wieder dort aufschlägt. Und dann noch nicht mal Land, Leute und Kultur erkundet!
Da kommt auch mal Neid auf. Immerhin, ich weiß, wie ich damit umgehen muss. Einmal betrachtet, als das erkannt und benannt, was es ist, verflüchtigt er sich schneller als er kam und hinterlässt das sichere Wissen: Meine Zeit kommt noch.
Bis dahin gibt es ja auch all das Andere zu genießen, auf das man unterwegs verzichten muss:
- ungestörte Mutter-Kind-Zweisamkeit, denn deren Tage sind gezählt, im einen wie im andern Sinne,
- die Handvoll Kirschen, die den Frost überlebten (und die mir die Vögel sehr hilfsbereit abgenommen haben),
- das Wachsen und Gedeihen meiner ersten gärtnerischen Gehversuche (trotz fehlendem grünem Daumen),
- Emmi-Katzi, endlich/(leider) wieder Alleinherrscherin auf dem Hof (von nächtlichem Besuchern abgesehen),
- das Lernen, über „bissige“ Kommentare zu lachen (ich bin weder faul noch unfähig für Hausarbeit, ich verteile meine Zeit nur auf zu viele Projekte)
- den Beweis, dass das Leben/Universum/Gott (jeder wähle das, was ihm beliebt), bestrebt ist, ein Vakuum umgehend zu füllen
- Zeit und Muße für Sektfrühstück mit der besten Freundin (und der Sorge hernach, angetüdert das Roß bändigen zu wollen)
- neue (und alte) Lieblingsplätze rund um Haus und Hof
- meinen ureigenen Rhythmus, der mir oft allzuleicht abhandenkommt.
So erwächst aus allem eine ruhige Zufrieden- und Glückseligkeit, wie sie nur aus dem tiefen Wissen entsteht, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.
Das war bei Weitem nicht immer so
„Du musst doch wissen, was Du willst. Du kannst nicht alles haben.“
Dies sagte vor langen Jahren ein Freund zu mir. Was er damals meinte war, dass nicht die Festlegung auf eine Sache die Möglichkeiten eingrenzt, sondern im Gegenteil erst vieles Andere möglich macht, weil eine Festlegung Energie freisetzt. Nämlich die, die man sonst auf dem Sprung zwischen den unzähligen Möglichkeiten des entsprechenden Lebensbereiches verpulvert.
Aber etwas nagte an mir, damals schon. Ich wollte „Du kannst nicht alles haben.“ nicht so stehen lassen. In mir lag eine Ahnung, dass es ähnlich wie „Das geht nicht.“, so endgültig wie pauschal nicht gilt. Heute weiß ich, dass ich sehr wohl alles haben kann – nur nicht zur selben Zeit.
Da Sehn-Sucht nur eine Suche ist, nach der man sich sehnt, – und überlicherweise sehnt man sich nach sich selbst(!) – kann man die Suche auch da beenden, wo man gerade ist.
Man ist ja schließlich schon da.