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Batteriepflege

Kam ich früher bei kaltem oder nassem Wetter von einer Motorradtour nach Hause, wurde ich meist von meinem Großvater und der lächelnd vorgetragenen Frage „Hat es Spaß gemacht?“ erwartet.

Ich antwortete mit „Natürlich!“ – und wir wussten beide, dass es gelogen war.

Schließlich ist es ein Unterschied, ob man sich im Bewusstsein von elementarer Unbill freiwillig auf zwei Räder schwingt – oder ob man fahren muss: Von der Arbeit nach Hause, weil der Urlaub endet … oder schlicht, weil kein anderer fahrbarer Untersatz da ist.

Mein Opa war froh als er irgendwann nach Jahren in Wind und Wetter auf Pferderücken, Kutschbock oder eben Zweirad ins geschützte Auto umsteigen konnte. Zeitlebens hat er jede Entwicklung, die ihm die Fortbewegung erleichterte, begrüßt und geschätzt.

Entsprechend unverständlich war ihm, dass ich unbedingt wieder aufs Zweirad (und den Pferderücken) wollte, wo mir doch viel komfortablere Möglichkeiten offenstanden. Inzwischen weiß auch ich den Komfort mehr zu schätzen und bin zum Schönwetterfahrer mutiert.

Schön, kalt, oder „schön kalt“?

Nun ist „schön“ aber nicht gleichbedeutend mit „warm“. Sondern ich schaue aus dem Fenster, empfinde die Stimmung als „schön“ – und tigere los. Denn ich muss ja auch keine riesige Tour fahren. 20, 30 Kilometer um den heimatlichen Kirchturm genügen, um das „Feeling“ einzufangen, die Stimmung zu genießen … und mich dann seelisch gestärkt wieder an den Schreibtisch zu setzen, dem Haushalt zu widmen oder nach so manchem sehr frischen, stillen Sonntagmorgen auch noch mal ins Bett zu kriechen und gemütlich auszuschlafen. In dem still vergnügten Wissen, bereits einen Genuss verbucht zu haben.

Vor ein paar Jahren war die spätherbst- und winterliche Batteriepflege mein Graus. Alle zwei Wochen, wenn Junior beim Papa war, habe ich mich gezwungen, mit meinen Motorrädern zu fahren, nur um nicht die „technische“ Lösung verwenden zu müssen.

Inzwischen ist es ein Sport, eine lustige Aufgabe. Tatsächlich komme ich im Spätherbst und Winter dadurch regelmäßiger aufs Motorrad als im Sommer. Zum Einen der Aufgabe der Batteriepflege wegen. Zum Anderen locken die schönen Tage und die farbenfrohen Sonnenunter- und -aufgänge irgendwie anders.

Morgendlicher Genuss

So führt die Fahrt durch den aufsteigenden Nebel, noch kämpft die Sonne mit der Feuchtigkeit. Auf den Höhen wärmt sie schon unsere linke Seite. Beim Fotostopp, als REHleins charakteristisches Brummeln verstummt, wird die mystische Stille erst richtig hörbar. Das leidige Füßeruntersetzen ist hiermit auch erledigt, den Rest der Fahrt gehört der Bodenkontakt allein den Reifen. Göritzhain und die Chemnitz haben sich schon dem Nebel entwunden. Doch in Wechselburg müssen wir in neblig-feuchtes Grau des Muldentales abtauchen. Die Göhrener Brücke entzieht sich unserem Blick. Erst auf dem Rückweg auf den Höhen sehen wir die Sonne wieder.

Unsere Verpflichtungen rufen und wir kehren heim. Es war früh, kalt und feucht, aber trotzdem schön. Die Ausrufe unterm Helm wechselten minütlich zwischen „Schön!“ und „Kalt!“. Die stille Stimmung wird uns den Tag über begleiten, wenn das REHlein längst wieder in der Garage ruht und ich mit anderen Aufgaben beschäftigt bin.

Die Garage hält noch Reste sommerlicher Wärme. Schnell einräumen und das Tor wieder schließen, um sie so lange wie möglich zu erhalten. Hofkatze Emmi kommt und möchte sich wärmen, ihr Lieblingsplätzchen wartet noch auf die ersten Sonnenstrahlen.

Es verspricht ein schöner Spätherbsttag zu werden.

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