Status: gedruckt, gebunden und in Vorbereitung zur Meldung im VLB (Verzeichnis lieferbarer Bücher)
Veröffentlichungsdatum: steht noch aus – 2025
Verlag: edition winterwork
veröffentlicht als: Taschenbuch
Seitenzahl: 101
Erzählart: Erzählung
Genre: Reise
Zielgruppe: Erwachsene, Erwachsene im Dialog mit Kindern ab 8 Jahren

Inhalt
Das kleine grüne Bobbycar steht traurig und vergessen in der Scheune und kann von Abenteuern nur noch träumen – bis ein gelber Abschlepp-LKW sein tristes Dasein aufmischt.
Charmant und liebevoll erzählen die zwölf Geschichten von Abschied und Neuanfang, von kleinen Dingen und großen Gefühlen.
Sie laden ein, innezuhalten und Entwicklungen im Leben wahrzunehmen, miteinander ins Gespräch zu kommen und vielleicht sogar neue Blickwinkel zu entdecken.
Ein Buch, das Erwachsene und Kinder gleichermaßen dazu ermutigt, Veränderungen anzunehmen und sich darüber auszutauschen.
Leseprobe
Vergessen
Im hintersten Winkel der Scheune stand ein kleines Bobbycar. Rund herum stapelten sich Kisten und andere Spielsachen. Manchmal wurde etwas herausgeholt, aber auch das wurde seltener. Die Jungs, die früher nicht genug von ihm hatten kriegen können, waren ihm längst entwachsen; mit ihren langen Beinen machte es ihnen keinen Spaß mehr. Sie gingen schon zur Schule und spielten nachmittags lieber Fußball. Ein Bobbycar war Kinderkram.
Traurig hing das kleine Bobbycar seinen Erinnerungen an sonnige Nachmittage am Feldrain und wilde Wettrennen auf dem Hof nach. Auf seinem kleinen grünen Po hatte sich schon eine dicke Staubschicht gebildet.
***
Das Scheunentor wurde geöffnet und träge blinzelte das kleine grüne Bobbycar ins sanfte Licht eines trüben Wintertages. Jemand schien etwas zu suchen, denn es rumorte ein wenig, und das kleine Bobbycar begann, wieder einzuschlafen. Plötzlich wurde es an den Ohren gepackt und hinaus in die Helligkeit getragen. Die frische Luft belebte es und erwartungsvoll sah es sich um. Aber keine Kinder waren zu sehen.
Stattdessen fuhr ihm jemand mit einem nassen Lappen durchs Gesicht und beinahe wäre es quietschend zur Seite gesprungen. Im nächsten Moment wischte der Lappen auch über seinen Po, der danach wieder frisch grün glänzte wie früher.
Es blieb noch eine Weile unbeachtet auf dem Hof stehen. Neben ihm wartete eines der großen Autos, in das die Kinder oft mit den Eltern einstiegen und wegfuhren, um danach mit glücklichen Augen, lachend und von Abenteuern erzählend wieder nach Hause zu kommen. Wie beneidete es die großen Autos!
Bei dem großen Auto wurde die Klappe am Po geöffnet und wieder fühlte sich das kleine Bobbycar an den Ohren gepackt und emporgehoben. Es kam hinein, die Klappe wurde zugeworfen und das kleine Bobbycar begann, sich in der Dunkelheit zu fürchten. Es blieb lange dunkel. Manchmal wurde es kurz hell, dann wurden Taschen und Körbe, leer oder voll, zu ihm hineingesetzt und wieder herausgenommen. Manchmal fuhr das große Auto, dann stand es wieder still. Manchmal sehr lange. Manchmal schaute jemand zu ihm hinein und sagte sowas wie „Du bist ja aaa noch da!“.
Dann fuhr das große Auto lange Zeit, und als es stillstand, wurde das kleine Bobbycar herausgehoben und neben einen Sandhaufen gestellt. Es war sehr grober Sand, eher kleine Steine, aber trotzdem sah es sich aufgeregt um. Jetzt kamen bestimmt wieder Kinder, um mit ihm zu spielen und Rennen zu fahren!
***
Niemand kam. Nur das große Auto fuhr weg. Das kleine grüne Bobbycar wurde traurig. Es kauerte sich zusammen und wartete und hoffte. Es war kalt. Langsam wurde es dunkel. Eisig strich der Wind vom Feld herunter. Es war noch nie ganz allein draußen gewesen, in der Fremde. Es fühlte sich ganz verlassen und einsam. Tapfer versuchte es, nicht zu weinen.
***
Plötzlich kam ein Licht näher. Es war ein kleines Auto, nicht viel größer als es selbst. Jemand stieg aus und schien etwas zu suchen.
„Hier, hier!“, versuchte es zu rufen und machte sich ganz groß. Dann fiel ihm mit Schrecken ein, dass es ja Menschen gab, die kleine grüne Bobbycars entführten! Was, wenn das solche Menschen waren?! Jetzt machte es sich ganz klein. Auch wenn es nicht wusste, wo es sich befand, das erschien ihm besser, vertrauter als ein ungewisses Schicksal.
Ein Lichtstrahl traf es und jemand rief – und es erschien ihm freudig – „Ich habe es gefunden!“.
***
Wieder wurde es an den Ohren gepackt und hochgehoben. Diese Angewohnheit musste es den Menschen irgendwie noch abgewöhnen. Wieder wurde es in einen Kofferraum gesteckt. Wie sein Verlies hieß, hatte es in dem anderen Auto bereits gelernt. Aber dieser Kofferraum hier war sehr klein. Obwohl es ja selber sehr klein war, musste es tüchtig die Beine anziehen, um hineinzupassen. Mit im Kofferraum lag eine orangefarbene Jacke, innen mollig warm gefüttert. Wieder wurde die Klappe zugeklappt und das Auto fuhr los. Ängstlich, aber auch neugierig, wo es diesmal hingebracht werden würde und bei jeder Bodenwelle vor Aufregung klappernd, kuschelte es sich in die große Jacke. Jetzt erst merkte es, wie kalt ihm allein im Dunkeln geworden war. Als nichts weiter geschah, schlief es trotz seiner Aufregung langsam ein.