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Charlys Advent

Status: Anfrage an den Verlag zur Veräffentlichung

Veröffentlichungsdatum: steht noch aus – 2025

Verlag: edition winterwork

veröffentlicht als: Taschenbuch

Seitenzahl: steht noch aus

Erzählart: Adventskalender / Roman

Genre: Alltagsroman

Zielgruppe: Erwachsene

Inhalt

Für die Einen ist es ein Roman – für die Anderen ein Adventskalender.

24 Geschichten – die einzeln in sich abgerundet, als tägliches Schmankerl, genauso gut aber auch „am Stück“ als Roman gelesen werden können – erzählen aus dem Alltag im Advent, von der Sehnsucht, zur Ruhe zu kommen und wieder die Magie der Weihnachtszeit zu spüren. Auch wenn dies im Trubel der Tage nicht leicht ist und nicht immer gelingt. Ein Begleiter durch die Vorweihnachtszeit, der einlädt, innezuhalten, und während man mit Charly mitlebt, mitleidet und mitlacht, selbst wieder einen Hauch des Zaubers der Weihnacht einzufangen.

Leseprobe

Coming Home – Sasha

1. Advent, Sonntag, 30. November

Ihren ersten Adventssonntag hatte Charly sich anders vorgestellt.

Heimeliger zumindest als mit einem völlig übermotorisierten Fahrzeug bei Schneetreiben auf der Autobahn ihrem Zuhause entgegen zu schleichen und jede Gelegenheit zum Abfahren zu nutzen, um sich seiner neu ausgeheckten Befindlichkeit zu widmen. Dabei hatte das Wochenende so vielversprechend begonnen.

Die Arbeit auf der Baustelle war früher beendet gewesen, und sie hatte die Chance gewittert, ihr Versäumnis des letzten Wochenendes nachzuholen. Bei ihrem Vater lagen die Stollen für sie bereit, auf die sie zum Adventsbeginn nicht verzichten mochte und die am letzten Wochenende noch nicht fertig gewesen waren. Auch die Weihnachtskekse und die Adventskalender für ihren Vater und Steven warteten noch auf ihren Transport nach Chemnitz.

Bereits die Hinfahrt hatte ihr der bunt bemalte Bulli vergällt. Eigentlich war nur eine Routine-Wartung fällig gewesen, aber nur mit letzter Kraft hatten sie sich gemeinsam bis auf Arveds Hof geschleppt. So weit war es sehr lehrreich gewesen, denn mit Steven hatte sie unter der Anleitung ihres Vaters das Problem während des Wochenendes selbst gefunden und beheben können. Frohgemut, die Rückfahrt wie geplant antreten zu können, war sie vor drei Stunden auf den Fahrersitz geklettert. Das dumpfe, so typische Geräusch aber, das beim Drehen des Schlüssels unter der Motorhaube erklungen war, beendete diese Aussicht abrupt. Die Batterie war tot.

Kurzerhand hatte Arved ihr den Schlüssel des Sportwagens ihrer Mutter in die Hand gedrückt.

„Bis sie ihn holen kann, habe ich die Batterie für den Bulli und sie bringt ihn dir mit.“

Es bot sich an und grundsätzlich war der Plan gut. Was sie beide nicht bedacht hatten, war das Wetter – und die Launenhaftigkeit des Ferrari. Der, frisch gründlich inspiziert und gewartet, sie problemlos hätte nach Hause bringen sollen. An sich war auch der unverhoffte Schneefall, dem sie sich ab dem Fichtelgebirge ausgesetzt sah, schon kompliziert genug.

Vor ihr ließen sich die Umrisse eines blauen Schildes erahnen. Die nächste Abfahrt. Kurz nur glitt ihr Blick ins Cockpit, dann setzte sie den Blinker.

Sie brauchte mehrere Versuche, bis sie die heiße Heckklappe mit der vorgesehenen Stütze arretieren konnte. Wie erwartet, war der Kühlwasserstand deutlich unter das Minimum gesunken. Sie öffnete die Plastikflasche, die sie beim letzten Stopp mit Schnee aufgefüllt und unter ihrer Winterjacke am Körper getragen hatte, und stülpte sie in die Öffnung des Kühlflüssigkeitsbehälters. Viel Wasser war es nicht, das aus dem Eisklumpen, zu dem sich die Schneemasse verdichtet hatte, herausgetröpfelt kam. Es hob den Wasserstand kaum bis aufs Minimum. Seufzend konsultierte sie ihr Handy. Noch knapp zehn Kilometer bis zum Autohof Himmelkron. Von da aus waren es dann noch knapp vierzig Kilometer bis nach Hause. Sie seufzte noch einmal und tröpfelte den Rest des Wassers, das sich gebildet hatte, in den Kühlwasserbehälter. Ein Tropfen auf dem heißen Stein, buchstäblich.

Charly stieg wieder ins Auto, und bemüht, dem Motor keine große Belastung abzuverlangen, sortierte sie sich in den dichten Pendlerverkehr ein. In gemäßigtem Tempo ging es vorwärts, und sie nutzte jedes Gefälle, um auszukuppeln und den Ferrari nur rollen zu lassen. Aufatmend fuhr sie auf den Autohof und hielt bei den Toiletten. Mit einiger Mühe gelang es ihr, die Wasserflasche im zu engen Waschbecken zu füllen. Einige Minuten lang beobachtete sie den Kühlwasserbehälter, aber in Ruhe veränderte sich der Füllstand, den sie auf Maximum gebracht hatte, nicht. Noch einmal füllte sie die Wasserflasche. Auf dem nächsten Autobahnabschnitt gab es nur einen Rastplatz. Danach würde sie die zwar etwas langsamere, aber kürzere Strecke auf der Landstraße über Sanspareil nach Hause nehmen. Dort konnte sie dem Ferrari zwar einige Steigungen nicht ersparen, dafür gab es aber auch Gefällstrecken zum Erholen. Sie hoffte nur, dass bis dahin der Schneefall gänzlich nachgelassen haben würde.

In der Tat reichten die beiden Kühlwasser-Nachfüllstopps, die sie berechnet hatte, aus. Der kurze, steile Anstieg hinauf nach Sanspareil war zwar eine reichlich prekäre Sache gewesen, von der Schlitterpartie nach unten ganz zu schweigen, und auch die Hochfläche des Motorradtreffs war nur mühsam zu bewältigen gewesen. Die Abfahrt ins Tal dagegen war zwar nass, aber erstaunlicherweise frei von Schnee. Trotzdem konnte sie es kaum erwarten, den kurzen Haken über die Bundesstraße und dann in die Dorfstraße zu schlagen. Bereits während sie in ihre Einfahrt bog, wählte sie die Nummer ihres Vaters, um ihm ihre glückliche Heimkehr mitzuteilen. Nach dem Auflegen blieb sie noch einen Augenblick im Auto sitzen und freute sich an der golden schimmernden Weihnachtsbeleuchtung, die sie in der vergangenen Woche angebracht und aufgebaut und am Freitag vor ihrer Abfahrt eingeschaltet hatte.

„Endlich zuhause“, murmelte sie und fühlte sich von ihrem Haus wohlig willkommen geheißen.

Sie ließ den Ferrari vor der Haustür stehen, räumte ihre Sachen ins Haus und kümmerte sich um Tiere und Heizungsofen. Bis alle zufriedengestellt waren, war auch der Ferrari abgekühlt und sie fuhr ihn in die Scheune.

Recht desillusioniert schob sie hinter ihm das Tor zu. Als Winterprojekt hatte sie sich etwas Spannenderes und Lohnenswerteres gewünscht, als den widerspenstigen F40 ihrer Mutter, aber auch diesmal hatte ihr Vater bei ihrer Nachfrage nur vage mit den Schultern gezuckt und sie vertröstet. Bisher sei nicht das Passende dabei gewesen.

Beim Auspacken ihrer Körbe und Taschen kam dann die letzte unschöne Überraschung zutage.

Zu allem Überfluss hatte sie die Stollen bei ihrem Vater vergessen.

***

Frustriert stöberte Charly durch ihre Vorratskammer. Die erste Charge Weihnachtsplätzchen hatte sie vollständig mit zu ihrem Vater genommen und auch sonst sahen ihre Vorräte gewohnt dürftig aus. Nur die Zutaten für ihre eigene Charge Plätzchen standen fein säuberlich aufgereiht ganz vorne im Regal. Wenn sie sich also nicht mit einer Handvoll Nudeln ohne alles zufriedengeben wollte, musste sie wohl oder übel noch backen.

Es war schon spät, als sie sich endlich für ein paar wenige ruhige Minuten auf ihr Sofa sinken ließ. Immerhin, ein Teller voller frischer, teilweise sogar noch warmer Plätzchen verströmte süß appetitlichen Duft. Wie immer zwar keine klassischen Weihnachtsplätzchen, aber Advent ohne Friesenkekse war kein richtiger Advent.

Sie stand wieder auf und zündete die erste Kerze am Adventskranz an.

Aber noch stellte sich kein weihnachtliches Gefühl ein, wirkten die Ereignisse des Tages noch nach. Sie suchte im Internet nach möglichen Ursachen für den Kühlwasserverlust und versuchte, sich eine sinnvolle Reihenfolge für die anstehenden Überprüfungen festzulegen.

Eine knappe halbe Stunde später trafen ihre tastenden Finger auf dem Teller nur noch auf Leere. Ein herzhaftes Gähnen ließ sie von der Überlegung, noch einige Kekse zu holen, Abstand nehmen. Stattdessen erhob sie sich, blies die Kerze aus und brachte den Teller in die Küche. Die Kekse waren inzwischen sämtlich abgekühlt und sie verstaute sie, räumte alles Geschirr in die Spülmaschine und wischte die Arbeitsflächen ab. Mit einem letzten prüfenden Blick schaltete sie das Küchenlicht aus und ging im Schein der Schwibbögen ins Bett.